Führungskompetenz „Selbstführung“

Eingetragen bei: Blog | 0

Wenn sie eine Führungsrolle haben – egal welche – dann haben sie sich vielleicht schon einmal gefragt:

 

Wie führe ich mich eigentlich selbst?“ – und wie kann ich das Ausmaß und die Effektivität dieser Selbstführung verbessern – wissend um den Rahmen der Vorgaben und Ziele, die mein Handeln von außen bestimmen?“

 

Wenn ich in meinen Seminaren „Selbstführung“ als Voraussetzung für erfolgreiche Führungsarbeit nenne, dann stößt das meistens auf Zustimmung. Die Kompetenz dafür wird aber eher als Charaktersache oder Persönlichkeitsfaktor betrachtet, nicht so selbstverständlich als etwas, das man wie andere Führungskompetenzen auch lernen kann. Konsequenterweise liegt der Fokus der Anstrengungen deshalb mehr auf der Bewältigung der aktuell gegebenen Herausforderungen und es ist für viele Führungskräfte schon eine Errungenschaft, wenn sie sich vom Tagesgeschäft für strategische, langfristigere Überlegungen frei machen können.

 

Die Begründung für zu starkes Involviert-Sein in operative Tätigkeiten ist meistens das Ausmaß der Fremdbestimmung. Vordergründig ist das nachvollziehbar – natürlich gibt es ein erhebliches Maß an Fremdbestimmung. Dennoch stellt sich die Frage: Wie sieht es mit dem Maß an Selbstbestimmung aus, dass im Rahmen der aktuellen Fremdbestimmung immer noch gegeben ist? Hier liegt meines Erachtens ein wertvoller Schlüssel – nicht nur zur Steigerung der Führungseffektivität und Produktivität, sondern auch zur Steigerung der Eigenmotivation und persönlichen Arbeitszufriedenheit.

 

Aus meiner Sicht ist es sinnvoll 3 Unterkompetenzen in der Selbstführung zu unterscheiden, die jede für sich genommen einen Beitrag zu einer starken und gesunden Selbstmotivation leisten können, die aber nur abgestimmt aufeinander ihr volles Potenzial entfalten.

 

  1. „Das Beste aus der Situation machen.“

Natürlich ist es nicht leicht, sich mit Ungerechtigkeit, Dummheit, u.a. Negativem abzufinden. Trotzdem ist es verblüffend, wie viel Energie Menschen in Dinge stecken, von denen sie wissen, dass sie sie nicht ändern können. Leicht wird übersehen, dass das Sich-Beklagen, Beschuldigen oder Schimpfen immer auch eine negative Wirkung auf die Person selbst haben. Gefühle der Ohnmacht und des Opfer-seins sind immer verständlich und berechtigt – aus der Sicht des Opfers. Wieviel kraftvoller und fruchtbarer aber ist ein Fokus auf das, was verändert werden, zum Lernen oder zur Stärkung des Charakters genutzt werden kann. „Bitte nicht um eine leichtere Last, sondern um einen stärkeren Rücken.“ meinte Seneca. „Das Beste draus machen“ hat aber auch eine Schattenseite. Es kann zum unreflektierten Hinnehmen von Rahmenbedingungen führen. Wenn ich als Sklave das Beste aus meiner Situation mache, dann ist das sicher gut für mich – aber nur solange ich nicht vergesse, mich gleichzeitig darum zu kümmern, mich aus dem Sklaven-Dasein befreie.

 

  1. „Beharrlich und kreativ an der Verbesserung der Situation arbeiten“

Bei „Machs beste draus“ liegt der Fokus auf der Kompetenz der inneren Verarbeitung und der Wahl einer Sichtweise, die dem nicht Veränderbaren etwas Positives abgewinnt. Gleichzeitig darf ich aber nicht die Zukunft aus den Augen verlieren und mein Potenzial, diese zu gestalten. Aus der Kreativitätsforschung wissen wir, dass wirklich kreative Ideen oft dann auftreten, wenn man sich über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt und angestrengt mit der Lösung eines Problems beschäftigt hat. Unbewusste Ressourcen werden dann aktiviert und typischerweise kommen die Ideen dann hoch, wenn man sich einmal gerade nicht mit dem Problem beschäftigt, sondern entspannt einer anderen Tätigkeit hingibt (Spaziergang, Laufrunde, Dusche, …). Das Prinzip hier: Auch wenn ich die Lösung noch nicht weiß – wenn ich eine präzise Fragestellung habe und an dieser konsequent arbeite, schaffe ich damit die Voraussetzung dafür, dass die Lösung auftaucht.

 

  1. „Die Situation selbst in Frage stellen.“

Gibt es eine Schattenseite eines Committments zu Beharrlichkeit und Kreativität, um eine unzufriedenstellende Situation zu verbessern? Ich denke sie besteht dann, wenn die Möglichkeit übersehen wird, dass die Rahmenbedingungen, die ich verändern möchte, selbst Folge einer Wahl sind, die ich zu einem früheren Zeitpunkt getroffen habe. „Es gibt kein Richtiges im Falschen“ – dieser Satz des Philosophen Adorno  erinnert uns daran, dass zu einem erfüllten Leben auch gehört, sich nicht nur konstruktiv mit gegebenen Herausforderungen auseinanderzusetzen, sondern auch zu bedenken, in welchem Kontext man das tut. Gefühle wie „im falschen Job zu sein“, „an der falschen Front zu kämpfen“, „seiner Bestimmung nicht zu folgen“ verweisen darauf, dass wir auch im Finden und Wählen unseres Rahmens gefordert sind. Selbstführung bedeutet in diesem Zusammenhang auch auf dieser Ebene wach, selbstreflektiert und initiativ handelnd zu sein.

 

Auch die Grundsatzfrage hat ihre Schattenseite: Dann nämlich, wenn man über diesen Gedanken die ersten beiden Kompetenzen vergisst.

 

Hier schließt sich ein Kreis und auch wenn es dem Verstand paradox erscheinen mag, praktisch ist es sehr wohl möglich:

  1. Widriges anzunehmen wie es ist…
  2. …es gleichzeitig ändern zu wollen
  3. …und aus der Metaperspektive zu prüfen, ob man noch im richtigen Film ist

 

 

 

 

Hinterlasse einen Kommentar